• Besançon © Michael Gies

Besançon

Tagesexkursion

Besançon, die älteste Partnerstadt von Freiburg, liegt herrlich gelegen an der Doubsschleife und ist das politische, wirtschaftliche und kulturelle Zentrum der Region Franche-Comté und des Départements Doubs. Neben der markanten Zitadelle von dem Baumeister Vauban und dem alten Stadtkern findet sich moderne Architektur. Auf dem Weg nach Besançon bietet sich die Gelegenheit für einen Stop in Belfort.

Trompe l‘oeil und Treppenhaus

Herbst-Exkursion nach Besançon

von Gisela Graf, Freiburg | gisela graf communications

Besançon ist eine der ersten Partnerstädte Freiburgs, sie liegt keine 200 km entfernt an der Autobahn nach Paris und Südfrankreich. Und doch kennt kaum jemand aus eigener Anschauung diese traditionsreiche Hauptstadt der Franche-Comté, eine ehemalige Garnisonstadt, die von der Vauban‘schen Festung überragt wird und durch Uhren- und Feinwerkindustrie zu beträchtlichem Wohlstand kam. Das hat sich nun mit der Exkursion, die das Architekturforum Freiburg anbot, grundlegend geändert.

Doch zunächst machte die Gruppe in Belfort Station, um das neu erbaute Konservatorium von Dominique Coulon zu besichtigen. Der sonst so farbenfrohe Architekt hat sich hier geradezu auffallend zurückgehalten. Die betongraue Fassade ist rundum mit Drippings in zwei Blautönen verziert, im kleinen Innenhof findet sich eine inverse Version davon. Nur die kleine Bibliothek leuchtet in Rottönen, die durch ein raffiniert verstecktes Oberlicht noch mehr zur Geltung kommen. Ansonsten sind die Räume schlicht in Sichtbeton und Holz gehalten. Das Konservatorium ist gleichzeitig auch Musikschule für Kinder ab 4 Jahren. Ob Orgel, Geige, Klavier oder Oboe – für jedes Instrument gibt es eigens akustisch ausgestattete Übungsräume, die sich um ein großes Foyer gruppieren.

Erste Station in Besançon war das Conseil Général du Doubs, für das das Architekturbüro Amiot-Lombard eine schwierige Situation vorfand. In einer Reihe von Gebäuden des 18. Jahrhunderts sollte die Verwaltung in einer Baulücke und zwischen Gebäuden unterschiedlicher Niveaus Platz finden – unter Berücksichtigung aller Denkmalschutzauflagen. Die Gliederung der Fassade in drei Geschosse, die sich im Innern nicht abbilden, die Verwendung eines hellen Kalksteins und die schmalen vertikalen Fenster bilden einen ruhigen Kontrast zu den angrenzenden Barockfassaden und fügen sich harmonisch in das Straßenbild ein. Das Innere und die Rückseite sind dagegen ganz anders organisiert, als es die Fassade von außen vorgibt.

Nach einer Stärkung in der von Amiot-Lombard sehr angenehm ausgestatteten Uni-Mensa ging es nur ein paar Schritte weiter zu den Human- und Umweltwissenschaften, die gerade einen sanierten Altbau und einen Neubau erhalten. Hier forderte der Denkmalschutz den Erhalt der Fassade, und der Architekt Adelfo Scaranello machte sich einen Spaß daraus, mit der historischen Front und dem Neuen dahinter zu spielen. Das Spiel mit dem Schein scheint eine kleine Spezialität der Stadt zu sein, wie sich bei einem Spaziergang durch die – übrigens auffallend homogene – Altstadt zeigte: der für Besançon so typische, blau-beige geäderte Kalkstein präsentierte sich je nach Budget der Besitzer behauen, beschnitten oder als täuschend echt bemalt. Sogar richtige Trompes-l’oeil können aufmerksame Spaziergänger finden: die großen Söhne der Stadt wie Victor Hugo, Gustave Courbier, Louis Pasteur oder die Brüder Lumière blicken aus den Fenstern ihrer Geburtshäuser auf die Straße herab.

Am Höhepunkt der Tagesreise, dem Musée des Beaux Arts et d‘ Archéologie angelangt, ging es zur Baustellenbesichtigung des ehemaligen Kornmarkts aus dem 19. Jahrhundert. Wer im Inneren eine weite, offene Halle erwartete, fühlte sich von einem brutalistischen Bauwerk plötzlich in die Höhe gezogen und schlagartig eher ins Barbican nach London versetzt. Louis Miquel, ein Mitarbeiter Le Corbusiers, installierte hier in den 1960er Jahren eine Abfolge von Rampen und mehreren Ebenen im Le Corbusier-typischen „Béton brut“ – eigentlich eine eigenständige Skulptur, die das Innere der Markthalle ausfüllt. Diese beiden gegensätzlichen Architekturen zu einer logischen Koexistenz zusammenzubringen und die zwei autonomen räumlichen Strukturen für Besucher verständlich und ablesbar zu machen, ist gerade die Aufgabe von Adelfo Scaranello. Dazu werden viele in den vergangenen 30 Jahren angefügte Elemente entfernt, das Oberlicht verbessert und 1.500 m² mehr Ausstellungsfläche geschaffen.

Nach einer kleinen Rast am Doubs, wo Kengo Kuma die Cité des Arts baute, ging es zurück nach Freiburg. Alle waren sich einig: man wird sich die charmante ehemalige Garnisonstadt an der romantischen Doubs-Schleife ein anderes Mal richtig gründlich anschauen– unter anderem auch die vielen, für das Stadtbild charakteristischen offenen Holztreppenhäuser oder das kleine Theater von Claude-Nicolas Ledoux. Eine Gelegenheit dazu bietet sich zum Beispiel 2017, wenn das Musée des Beaux Arts et d‘ Archéologie eröffnet ist.