• Otto Park Berlin © Ornella Orlandini

Vom Charme der Brache

Latz+Partner LandschaftsArchitekten Stadtplaner bdla | Kranzberg, Duisburg, London

Tilman Latz

Das international tätige Büro LATZ+PARTNER beschäftigt sich mit der ökologischen Erneuerung und Weiterentwicklung des urbanen Raumes, seit Anfang der Achtzigerjahre vor allem von postindustriellen Flächen.
Die Projekte sind von dem Anspruch geprägt, hochqualitative technische Lösungen mit den Besonderheiten des jeweiligen Ortes zu verbinden und langfristige, nachhaltige Strategien zu entwickeln.

Vom Charme der Brache

von Gisela Graf, Freiburg | gisela graf communications

Tilman Latz von LATZ+PARTNER über die Transformation von Industrielandschaften und anderen Unorten

Industriebrachen sind der Inbegriff von menschlichem Zerstörungswerk. Wie kann man daraus eine Faszination der Zukunft entwickeln? In seinem Vortrag berichtete Tilman Latz über die Strategie des Büros Latz+Partner, Bestehendes zu integrieren statt zu überbauen. Dem Landschaftsarchitekten geht es nicht um das Schaffen einer Natur, die keine ist, sondern um das Hervorheben des Besonderen eines Ortes. Das heißt für ihn, sich mit vorhandenen Stadträumen, Gebrauchs- und Industrielandschaften auseinanderzusetzen und sie bei der Gestaltung aufzugreifen: Transformation und Regeneration statt Tabula Rasa und Illusion.

So gingen Latz+Partner etwa bei der Konzeption des Landschaftsparks Duisburg Nord vor. Heute ist das Areal ein grüner Lebensraum im dicht besiedelten Ruhrgebiet und doch alles andere als ein klassischer Park. Bevor Latz+Partner diesen Ort im Jahr 1994 revitalisierten, war er ein stillgelegtes Hüttenwerk. Die riesigen und eigentlich unmenschlichen Ruinen der Stahlproduktion wandelte das Büro in Parkelemente um. Sie sind jetzt Orte, die mit Vergnügen besucht und genutzt werden: Skater nutzen die Rampen, ein erloschener Hochofen dient jetzt als Aussichtsturm, ein mit Wasser gefüllter Gasometer wurde zu einem Tauchsportzentrum umfunktioniert. Alte Fabrikhallen bieten Raum für Großveranstaltungen. Die Pflanzen, die auf dem Industriemüll wuchsen, wurden mit anderen Gewächsen kombiniert, so dass neue, veränderte Flächen und Systeme entstehen konnten. Sie kontrastieren jetzt zu den Industrieruinen. Man müsse die Natur verstehen lernen, so Latz, damit die Bepflanzung die Architektur reflektiert und nicht einfach die Geschichte ignoriert.

Eine andere Hinterlassenschaft der Zivilisation ist Müll. In der weiten, meist trockenen Flussebene bei Tel Aviv ist über viele Jahre ein 85 Meter hoher, markanter Tafelberg aus Abfällen gewachsen. Trotz der unappetitlichen Vorgeschichte sollten der Berg und seine Silhouette erhalten bleiben. Nachdem die Deponie rundum abgedichtet, die zwei umgebenden Flüsse um- und geschickte Drainagen angelegt worden waren, konnte die Metamorphose zu einem Naherholungsgebiet beginnen. Eine mit Bauschutt aufgefüllte, umlaufende Terrasse mit schattigen Hainen sichert jetzt den Fuß des Berges. Ein „Recycling-Park“ wurde als Lernobjekt eingerichtet und ein Belvedere mit schattenspendenden Parasol-Sonnendächern versehen. Tropische Pflanzen machen den ehemals unwirtlichen Ort seit 2004 zu einer Oase der Erholung.

Industrie und Müll sind eine große Herausforderung, aber auch der Verkehr ist ein anspruchsvolles Thema. Dieser lässt sich nicht ausschalten, aber er lässt sich akzeptabel machen, so Latz. Die Place Flagey in Brüssel beispielsweise, heute ein zentraler Platz inmitten eines lebendigen und vielfältigen Quartiers, war durch die Straßen- und Tramführung dreigeteilt. Allein die Beruhigung und Verlegung des Verkehrs minderten Lärm und Abgase auf dem jetzt großen Platz. Dies verleiht ihm mehr Bedeutung und gibt den Fußgängern die Priorität zurück. Es wurden große Platten aus Blaustein verlegt, freistehende Fontänen, die scheinbar direkt aus dem Boden schießen, vermitteln im Sommer Kühle und Erfrischung. Das Wasser fließt großflächig die geschwungene Bodenform entlang. Großzügige, frei geschwungene Bänke aus Holz flankieren den Platz und lassen ihn zur Aktionsfläche werden. Es wurde ein offener Stadtraum geschaffen, der sich durch sparsame Gestaltung zurücknimmt und so die historische Umgebung inszeniert – die bei Latz+Partner nicht zwangsläufig aus Industrieruinen bestehen muss.

LATZ+PARTNER LandschaftsArchitekten Stadtplaner bdla | Kranzberg, Duisburg, London
Das international tätige Büro LATZ+PARTNER beschäftigt sich mit der ökologischen Erneuerung und Weiterentwicklung des urbanen Raumes, seit Anfang der 1980er Jahre vor allem von postindustriellen Flächen. Die Projekte sind von dem Anspruch geprägt, hochqualitative technische Lösungen mit den Besonderheiten des jeweiligen Ortes zu verbinden und langfristige, nachhaltige Strategien zu entwickeln.

Latz+Partner LandschaftsArchitekten Stadtplaner bdla | Kranzberg, Duisburg, London
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