• GS Saint Jean Strasbourg © Dominique Coulon & Associés
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Dominique Coulon l Strasbourg

Dominique Coulon & associés | Strasbourg

Dominique Coulon

Der spanische Architekt Alberto Campo Baeza schreibt über die Architektur von Dominique Coulon:
„Seine Werke sind sehr persönlich, voller Präzision und Farbigkeit und mit einer großen räumlichen Qualität. Dabei kontrolliert eine sehr genaue Geometrie den Raum, die Farben mit ihrer ganzen Kraft geben den Räumen ihren Charakter. Diese Farben werden genau im richtigen Maß eingesetzt, so wie es Barragan wohl am besten und Corbusier am freiesten gelungen ist. Ich weiß aus Erfahrung, dass dies nicht einfach ist, doch Dominique Coulon beherrscht dies meisterhaft.“

Wer hat Angst vor Rot, Gelb, Blau?

Dominique Coulon aus Straßburg über den Einsatz von Farbe in der Architektur

von Gisela Graf, Freiburg | gisela graf communications

Dominique Coulon ist kein Freund von spektakulären Fassaden. Nach seiner Meinung wird zu viel an Effekten, Materialien und Mitteln in die Außenhülle eines Gebäudes gesteckt – auf Kosten des Innenraums. Vielmehr legt er Wert auf starke Raumwirkungen im Inneren. Der französische Architekt aus Straßburg zeigte im Architekturforum einen wahren Farbrausch. Dabei ging es weniger um die Lösung von bestimmten Aufgaben oder um Entwurfsansätze und ihre Entwicklung, sondern um ein allgemeines Konzept, eine Haltung.

Außen dezent, innen opulent: Vor dem Hintergrund, dass es oft anders herum ist, wirken die Bauten von Coulon fast wie umgestülpt. Von außen präsentieren sie sich als zurückhaltende Kuben, gelegentlich leicht ineinander verdreht oder verschachtelt, mal in grobem Beton oder in dezent neutralen, weißen oder hellgrauen Farben. Wenn sie nicht unauffällig sind, so sind sie doch zurückhaltend. Betritt man das Innere, kommt das ganze erwartete Raumgefüge ins Wanken. Man ist überwältigt von der starken Farbenpracht und fasziniert von dem Zusammenspiel von Licht und Farbe. Der Raum wird auf einmal komplex. Das Erstaunliche daran: Das Alles wirkt ganz selbstverständlich, als müsse es genauso sein und nicht anders. Wie macht Dominique Coulon das?

Ein wichtiges Thema für Coulon ist die Komplexität in der Architektur. Diese drückt sich für ihn aber nicht im Grundriss aus – im Gegenteil: seine Architektur überrascht mit oft sehr einfachen, klaren Grundrissen. Doch mit der Farbe, die er entgegen der Raumstruktur und den Erwartungen oft diagonal einsetzt, bricht er das Raumgefüge auf. Die Grundschule in Marmoutier (2006) etwa basiert auf einem orthogonalen Grundriss mit quadratischen Räumen. Die Farbe ist davon unabhängig: Diagonal durch die Flure und das Foyer verläuft ein leuchtendes Rot. Das Licht fällt von schräg oben durch ein Sheddach. Die eigentlichen Raumgrenzen verschieben sich mit den Farbrändern, es entsteht ein Raumeindruck wie von Licht und Farbe modelliert.

Dominique Coulon hat keine Angst vor Rot, Gelb oder Blau – aber auch nicht vor Pink, Zartrosa oder Giftgrün. Souverän und gekonnt setzt er Farben ein. Dabei malt er nicht einfach die Wände an, sondern er gestaltet den Raum und seine Begrenzungen so, dass sie fast plastisch wirken. Er modelliert den Raum mit Farbe, und das mit großer Selbstverständlichkeit. Erschließungsräume, sonst eher vernachlässigte Räume, holt er so aus ihrem Nischendasein. Es sind die Teile in Gebäuden, die die eigentlichen Nutzungsräume miteinander verbinden und die Menschen von A nach B bringen.

Coulon inszeniert diese Wege: sie werden zu Erlebnisräumen, wie etwa im Theater in Montreuil, wo die Farben nebenbei auch zur Orientierung dienen. Oder sie werden zu dynamischen Orten wie die Wege in der Cité Administrative Gaujot, Strasbourg (2007), deren Flure in kräftigen Farben leuchten. Die Räume, die einer Funktion dienen, etwa ein Theatersaal oder Gerichtssaal, in dem Ruhe und Konzentration herrschen soll, ist dagegen zurückhaltend und dezent – so wie es die Funktion verlangt. Die Dramatik bleibt den dynamischen Räumen vorbehalten.
Keine Farbe ohne Licht: der Lichteinfall spielt eine große Rolle in den Räumen von Dominique Coulon. Sheddächer oder Variationen dazu ermöglichen schräg von oben einfallendes Streiflicht. Es scheint als sei die Konstruktion nur der Träger für die Farbe. Ganz offensichtlich ist sie schon sehr früh im Entwurfsprozess mitgedacht und mehr als bloß Dekoration.

Wie ein roter Faden zieht sich das Umkehrprinzip durch Coulons Werk. Mit Vorliebe schneidet er aus weißen oder grauen, monolithischen Kuben organische Formen, die eine eigene Farbe erhalten. Es entstehen Nischen, oft ergonomisch geformt, in die man sich in der Bibliothek zum Lesen oder im Schwimmbad zum Ausruhen zurückziehen kann – in gelb, blau oder pink. Am deutlichsten kommt diese Umkehrung zum Ausdruck, als er einen Leerraum dazu nutzt, um auf ein Vorgängergebäude hinzuweisen – quasi als dreidimensionales Negativ. Dominique Coulon hat auch keine Angst vor der Leere.

Dominique Coulon / Straßburg

Dominique Coulon (Jg. 1961) ist ein in Frankreich gefeierter und vielfach ausgezeichneter Architekt und hat vor allem öffentliche Bauten realisiert. Er lehrt an der Universität Straßburg über Komplexität in der Architektur. Der spanische Architekt Alberto Campo Baeza schreibt über seine Architektur: „Seine Werke sind sehr persönlich, voller Präzision und Farbigkeit und mit einer großen räumlichen Qualität. Dabei kontrolliert eine sehr genaue Geometrie den Raum, die Farben mit ihrer ganzen Kraft geben den Räumen ihren Charakter. Diese Farben werden genau im richtigen Maß eingesetzt, so wie es Barragan wohl am besten und Le Corbusier am freiesten gelungen ist.“

Die Veranstaltung fand in Kooperation mit dem Centre Culturel Français Freiburg und dem Maison Européenne de l'Architecture - Rhin Supérieur im Rahmen der Architekturtage statt.

Dominique Coulon & associés | Strasbourg
coulon-architecte.fr